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Der Familie Wolfgang Faber


Kopie des Textes des Artikels aus der Ostthüringer Zeitung vom 14. Juli 2012, da dieser nicht mehr komplett Online ist:







In der Jenaer "Forelle" gab es zweimal im Jahr Aal

Gelernte DDR-Bürger aus Jena werden sich erinnern: Die HO-Gaststätte "Forelle" am Holzmarkt war zur Mittagszeit so umlagert, dass man mitunter eine Stunde ausharrte, ehe "platziert" wurde.

Jena, den 14. Juli 2012 / 07:07 Uhr

Das Warten hatte sich aber in aller Regel gelohnt die Fischgerichte waren lecker. Ein- bis zweimal im Jahr gab es auch Aal. Doch hier musste man den Küchenchef kennen, um den Termin zu erfahren. Ursprünglich hieß das Restaurant "Zum Schwarzen Adler"; der Name verschwand aber bereits in den 1950-er Jahren, denn der Vogel galt den herrschenden SED-Ideologen als Symbol des preußischen Militarismus. Dass es ein altes Hauszeichen war, entstanden, als man in Jena noch keine Hausnummern kannte, interessierte die SED-Kreisleitung nicht. Wann der Adler als Hausname zum ersten Mal auftauchte, ist nicht genau feststellbar. Belegt ist allenfalls eine Urkunde im Stadtarchiv, die "Examination" der Gefäße, Krüge und hölzernen Kannen am 12. September 1731 betreffend. Dabei hatten die Ratsdiener in nahezu jedem Gasthaus falsch geeichte Trinkgefäße festgestellt also Betrug am Gast. Betroffen war auch der "Schwarze Adler", und wie alle anderen Wirte musste sich die 25-jährige Anna Christina Sonntag, die den Adler führte, vor den Ratsherren rechtfertigen und Besserung geloben. Danach schweigen die Akten zum Haus, doch es kann davon ausgegangen werden, dass es 1731 mindestens ebenso alt war wie der bereits 1509 erstmals erwähnte benachbarte Rote Hirsch. Doch während der Hirsch in seiner Grundsubstanz überlebte, gab der Gastwirt Karl Puschner im Jahre 1879 einen Neubau in Auftrag. Leider versäumten alle Beteiligten, ein Foto oder eine Zeichnung des Vorgängerbaus fertigen zu lassen, so dass wir, was die Architektur angeht, auf Vermutungen angewiesen sind. Es dürfte sich, wie die Nachbarhäuser, um Spätklassizismus gehandelt haben. 1904 übernahm Herwart Trefflich das Haus und baute es zum Hotel-Restaurant um; am 31. Oktober 1939 ging es in den Besitz von Walter Tröbst über, der neben dem Adler auch die Nachbarhäuser Nr. 13 und Nr. 15 erwarb (letzteres das so genannte Reifarthsche Haus), das am 19. März 1945 durch Bomben getroffen und abgerissen werden musste. Hier befand sich bis Ende 1989 eine Lottobude. Der Adler wurde "nur" schwer beschädigt. Tröbst wollte ihn ab 1949 wieder herrichten, und es gab sogar einen Beschluss des Bauausschusses der Stadtverordnetenversammlung, doch die SED-Fraktion legte Einspruch ein, bemühte ihre Landesleitung und thüringische Baubehörden. Die Genossen hielten nämlich den Wirt für einen kapitalistischen Ausbeuter und hatten zuvor die ihm ebenfalls gehörende "Sonne" am Markt enteignet und in eine "freie Gaststätte" umgewandelt, eine Kneipe ohne Lebensmittelmarken zu überteuerten Preisen. Dennoch gelang es Tröbst bis Ende 1949, seinen "Adler" zumindest im Erdgeschoss instand zu setzen. Einige Jahre später schlug die SED erneut zu. Tröbst wurde 1952 öffentlich der Schwarzschlachtung bezichtigt (u. a. 40 Kälber, 40 Ziegen, 2500 Hühner etc.), der "Adler" enteignet und in HO-Gaststätte "Am Holzmarkt" umbenannt. Die Schwarzschlachtungen waren völlig aus der Luft gegriffen. Es ging allein darum, den Wirt zu kriminalisieren, die Häuser zu konfiszieren und in Volkseigentum zu überführen.

Am 15. April 1967 wurde hier die Fischspezialitätengaststätte "Forelle" eröffnet und in den folgenden zwei Jahrzehnten so heruntergewirtschaftet, dass sie 1992 auch aus hygienischen Gründen geschlossen werden musste. Eine allfällige Sanierung wurde bis 1989 stets aus Mangel an Baukapazitäten abgelehnt.

Bereits 1995 wurde die nun leerstehende "Forelle" abgerissen. Es entstand nach der Rückübertragung an die Tröbst-Erben das als "stadtbildverträglich" eingeschätzte Hotel "Ibis".


Neue Ausstellung
Trink Kultur in der DDR heißt die neue Ausstellung des Stadtmuseums "Göhre".
Im Fokus der Annäherung an das Thema stehen neben den Alkoholika auch Hintergründe des Alkoholkonsums, Trinksitten sowie private und öffentliche Trinkorte.
Die Ausstellung ist bis 7. Oktober 2012 von Dienstag bis Sonntag im Markt 7 in Jena geöffnet.

Heinz Voigt / 14.07.12 - Z83C7DE350259


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